Ein Pkw-Fahrer geriet bei einsetzendem Schneefall auf der Autobahn ins Schleudern, kollidierte mit der Leitplanke, kam auf dem Seitenstreifen zum Stehen und schaltete die Warnblinklichtanlage ein. Der Fahrer des nachfolgenden Wagens hielt vor dem verunfallten Fahrzeug an, um dem Verunfallten zu helfen.
An seinem Fahrzeug schaltete er auch die Warnblinklichtanlage ein. Nachdem er den Verunfallten zunächst nach seinem Befinden befragt hatte, wollte er das Warndreieck aus dem Kofferraum dessen Pkw nehmen und aufstellen.
Als er mit dem Rücken zur Fahrbahn stand, kam an der derselben Stelle ein weiterer Pkw ins Schleudern und erfasste ihn. Dabei wurde der Unfallhelfer schwer verletzt.
Der Unfallhelfer machte Schadenersatzansprüche gegen die anderen Beteiligten des Unfalls und deren Haftpflichtversicherungen sowie Halter geltend. Wie es häufig in solchen Fällen ist, wollte keiner für den Schaden (voll) haften und so musste sich der BGH in seiner Entscheidung vom 05.10.2010 (Az.: VI ZR 286/09) gleich mit mehreren Fragen auseinandersetzen, wobei er letztlich die Position des Unfallhelfers stärkte:
Er stellte zunächst fest, dass bei mehreren nebeneinander verantwortlichen Schädigern zum Geschädigten grundsätzlich die volle Haftung besteht, ohne dass einer der Schädiger auf den Tatbeitrag des anderen verweisen könnte.
Die Last des Schadens sei lediglich im Innenverhältnis nach § 426 Abs. 1 BGB nach den Anteilen an dessen Herbeiführung aufzuteilen.
Der BGH sah hier übrigens auch noch einen haftungsbegründenden Zurechnungszusammenhang für die Verschuldenshaftung nach § 823 Abs. 1 BGB des Erstverunfallten. Die Beklagten wandten u.a. ein, dass sich der Unfallhelfer ein Mitverschulden zurechnen lassen müsse, da er sich nicht ausreichend um seinen Schutz bemüht habe, als er auf dem Seitenstreifen aus dem Fahrzeug des Erstverunfallten das Warndreieck entnehmen wollte.
Die Unfallstelle sei gut einsichtig gewesen, zumal der Erstverunfallte auch bereits die Warnblicklichtanlage eingeschaltet hatte. Das Aufstellen eines Warndreiecks sei daher nicht notwendig gewesen.
Die Richter am BGH vermochten darin allerdings kein Mitverschulden sehen und führten aus: Ergreift ein Unfallhelfer nach einem Unfall, bei dem das Ausmaß der Gefährdung und der Hilfebedürftigkeit der beteiligten Verkehrsteilnehmer nicht sogleich zutreffend erkannt werden kann, nicht die aus nachträglicher Sicht vernünftigste Maßnahme, folgt hieraus noch nicht ein Mitverschuldensvorwurf.
Die Richter verneinten schließlich auch einen Haftungsausschluss nach § 8 Nr. 2 StVG zugunsten des Erstverunfallten. Nach dieser Vorschrift gelten die Vorschriften des § 7 StVG (Gefährdungshaftung) nicht, wenn der Verletzte u.a. bei dem Betrieb des Kraftfahrzeugs tätig war.
Die Tätigkeit bei dem Betrieb eines Kfz setze im Allgemeinen eine gewisse Dauer voraus, so die Richter. Bei gelegentlichen Hilfeleistungen an dem Betriebe unbeteiligter Personen, fehle es aber an einer solchen Dauerbeziehung.
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