Eine Fahrradfahrerin, die spätere Klägerin, befuhr eine Straße. Auf der Straße wartete ein PKW. Auf der rechten Fahrbahnseite standen in schräg nach vorn gerichteten Parkhäfen Fahrzeuge. Der Abstand zwischen dem wartenden PKW und den rechts geparkten Kfz betrug etwa 1,5m.
Die Fahrradfahrerin konnte aufgrund der tiefstehenden Sonne nicht erkennen, ob sich Personen in dem Fahrzeug befanden. Als die Fahrradfahrerin durch diese Lücke an dem Beklagtenfahrzeug vorbeifuhr, öffnete ein Insasse die Beifahrertür weit und zügig, woraufhin die Klägerin zu Fall kam und sich verletzte.
Das Landgericht Berlin ging in seinem Beschluss vom 20.09.2010 (Az.: 12 U 216/09) von einer Mithaftung der Fahrradfahrerin in Höhe von 25% aus. Das überwiegende Verschulden an dem Unfall träfe den Beifahrer.
Er habe durch das Öffnen der Beifahrertür gegen § 14 Abs. 1 StVO verstoßen. Denn danach müsse sich jemand, der ein- oder aussteigt, so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen sei.
Die Klägerin habe hier nicht überholt i.S.d. § 5 StVO, sondern sei an dem nicht verkehrsbedingt wartenden Beklagtenfahrzeug als Hindernis i. S. d. § 6 StVO vorbeigefahren. Da die Klägerin aber nicht einen ausreichenden Seitenabstand eingehalten habe, habe sie die für sie geltenden Sorgfaltspflichten gemäß § 1 Abs. 2 StVO nicht beachtet, die zu einer Mithaftung führen.
Der bei dem Vorbeifahren an haltenden Fahrzeugen einzuhaltende ausreichende Sicherheitsabstand betrage zwar nicht stets mindestens 1 m, sondern lediglich im Grundsatz.
Er hänge im Zweifel von den Umständen des Einzelfalles, insbesondere den Straßenverhältnissen ab. Die Klägerin habe nach den Umständen mit Insassen im Beklagtenfahrzeug rechnen müssen, auch wenn sie in dem mitten auf der Straße haltenden Fahrzeug wegen des blendenden Lichts nicht zu sehen waren.
Ein verkehrsbedingter Grund für das Halten sei nicht erkennbar gewesen. Ebenso nicht eine Fahrzeugpanne. Der nach Behauptung der Klägerin relativ große Abstand zu den rechts geparkten Fahrzeugen lege vor allen Dingen ein bevorstehendes Aussteigen nach rechts nahe, weil der Abstand zu den rechts parkenden Fahrzeugen gerade deshalb so groß gewählt sein könnte, um das Öffnen der Türen zu erleichtern.
Diese Unsicherheit über das weitere Verhalten der Fahrzeuginsassen verlange von der Klägerin eine besonders große Vorsicht bei dem Vorbeifahren an dem Beklagtenfahrzeug und habe daher einen besonders großen Sicherheitsabstand zu diesem erfordert.
Zudem müsse auch ein ausreichender Abstand zu den rechts parkenden Fahrzeugen gehalten werden, weil ein Ausparken nach schräg hinten, also in Richtung auf die links an den parkenden Fahrzeugen vorbeifahrende Klägerin, in Betracht gezogen werden müsse.
Die Klägerin habe daher bei ihrer Vorbeifahrt an dem Beklagtenfahrzeug Gefahren aus zwei Richtungen in Rechnung zu stellen und den Sicherheitsabstand zu beiden Seiten genügend groß zu wählen. Der insgesamt vorhandene Zwischenraum von ca. 1,5 m reiche für eine gefahrlose Vorbeifahrt an dem in Warteposition befindlichen Beklagten- fahrzeug nicht aus, so die Richter.
Die Fahrradfahrerin, deren Fahrzeugbreite mit ca. 0,6 m anzusetzen sei, halte nämlich in einem solchen Fall keinen ausreichenden Sicherheitsabstand nach links und rechts ein, da dieser jeweils nur ca. 0,45 m betrüge.
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