Die spätere Klägerin befuhr eine innerstädtische zweispurige Straße. Der spätere Beklagte zu1) wollte von einer Grundstückseinfahrt auf diese Straße auffahren. Er übersah dabei allerdings die Klägerin, die sich zu dem Zeitpunkt auf der für sie linken Fahrspur (Gegenfahrbahn) befand und es kam zum Unfall.
Der BGH musste in seinem Urteil vom 20.09.2011 (VI ZR 282/10) entscheiden, ob die Klägerin ein Mitverschulden wegen Verletzung des Rechtsfahrgebotes trifft. Der BGH ging dabei wie schon das Berufungsgericht von einem Alleinverschulden des Beklagten aus.
Dem aus einem Grundstück auf die Straße einfahrenden Fahrzeugführer würden durch § 10 Satz 1 StVO gesteigerte Pflichten aufgelegt. Die Pflichten würden nicht dadurch gemindert, dass der Vorfahrtsberechtigte unter Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot die linke Straßenseite benutze.
Das Vorfahrtsrecht der auf der Straße fahrenden Fahrzeuge gegenüber einem auf eine Straße Einfahrenden gelte grundsätzlich für die gesamte Fahrbahn. Der aus einem Grundstück kommende Fahrzeugführer habe sich grundsätzlich darauf einzustellen, dass der ihm gegenüber Vorfahrts- berechtigte in diesem Sinne von seinem Recht Gebrauch mache.
Nach dem im Straßenverkehr allgemein geltenden Vertrauensgrundsatz habe sich die Klägerin grundsätzlich darauf verlassen können, dass der Beklagte ihr Vorfahrtsrecht beachten und sie vorbeilassen werde, ehe er in die Straße einbiegen werde.
Der Vertrauensgrundsatz gelte zugunsten des Vorfahrtsberechtigten allerdings nicht mehr, sobald dieser aus besonderen Umständen erkennt oder bei gebotener Sorgfalt erkennen kann, dass ihm der Wartepflichtige die Vorfahrt nicht einräumen wird.
Entscheidend sei dabei der Zeitpunkt, in dem der Vorfahrtsberechtigte erkennen konnte, dass der Wartepflichtige seine Vorfahrt missachten wird. Dabei sei dem Vorfahrtsberechtigten sowohl eine Schrecksekunde als auch die Reaktions- und Bremsansprechzeit zugute zu halten, so die Richter.
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